Kiefergelenke, Nacken, Schultern, Rücken, Atem und wie das alles zusammenhängt
Nacken, Schultern und Rücken sind Spiegel dafür, wie wir mit den Anforderungen des Lebens umgehen. Ein spielerischer Umgang ist immer ein Zeichen für Lebendigkeit und Kraft aus der eigenen Körpermitte. Begegnen wir Menschen mit aufgerichtetem Rückgrat, offenem Brustkorb und freien Schultern, fühlen auch wir uns frei und so angenommen, wie wir sind.
Denken wir an die Würde und Anmut der Inderinnen und Afrikanerinnen, wie sie ganz in ihrer Mitte, spielerisch ihre Wasserkrüge auf dem Kopf balancieren, kann man deutlich die Zusammengehörigkeit der Halswirbelsäule (HWS) und der Lendenwirbelsäule (LWS) spüren. Man fühlt die Kraft aus der Mitte, die einen tiefen und entspannten Atem voraussetzt.
Der Rücken des Menschen spiegelt akut und chronisch die Einseitigkeit unserer sitzenden Lebensweise und deren Folgen. In den westlichen Kulturkreisen sind Rückenbeschwerden ein sehr häufiges Gesundheitsproblem, das bei Millionen von Menschen für Schmerzen verantwortlich ist und hohe Kosten im Gesundheitswesen verursacht.
Schulterprobleme und Nackenverspannungen der HWS können nicht isoliert betrachtet werden, sondern immer im Zusammenspiel mit der LWS und einem tiefen Atem. Durch Fehlhaltungen können sich diese in der LWS ausdrücken und umgekehrt.
Fehlhaltungen durch Körperbewusstsein abbauen, wenn zum Beispiel Kopf und Nacken in Schräglage der restlichen Wirbelsäule vorauseilen, als wollten sie sich selbst überholen. Oder die Schultern angstvoll nach oben gezogen, der Kopf sitzt direkt auf den Schultern auf, der Nacken scheint verschwunden – oder sehr häufig: Kinn nach oben gezogen, der Nacken verkürzt.
Den Nacken gestreckt, wie der eines Toreros, zeugt von Kraft und Durchsetzungsvermögen. Der Nacken trägt den Kopf, verbindet ihn mit dem Körper und reagiert sofort, wenn wir aus dem Gleichgewicht geraten. Die Schultern regulieren zwischen »Tun und Lassen«. Aber es gibt keine Freiheit ohne Elastizität in den Schultern. Jede/r ist so frei, wie er/sie die Schultern trägt.
Die meisten Verspannungen des Rückens sitzen zwischen den Schulterblättern. Das Gewicht der Schultern belastet das Herz. Wenn die Schultern frei werden, wird das Herz frei. Schulterarbeit ist Herzarbeit und ermöglicht eine bessere Herzdurchblutung. Die körperliche und geistige Entmündigung geht über die Schultern.
Hält man die Schultern fest, wenn man dabei ein Ziel anstrebt, hat man keine freien Gedanken. Die Schultern sind oft durch Pflichtgefühl und Verantwortung erstarrt. Hochgezogene, nach vorne geneigte Schultern sind meist ein Zeichen von Ablehnung und eine Schutzhaltung bei Angst. Hängende oder vorgesunkene Schultern, gebeugter Rücken und nach unten geneigter Kopf deuten oft auf einen Energiemangel hin und zeigen Kraftlosigkeit, Hilflosigkeit, Verzerrung – ein Ausdruck der Hoffnungslosigkeit – einer Körpersprache, die starke negative Signale vermittelt, begleitet von Depression und einer Kombination aus Inaktivität und zu einem Gefühl der Niederlage führt – dem Gefühl aufzugeben. In einem Teufelskreis schwächt die Muskelkraft die Immunfunktion und vermindert die Widerstandskraft gegen Infektionen.
Mit Nackenproblemen sind immer Unterkieferverspannungen verbunden. Das kann bis zur Arthrose im Kiefergelenk führen. Lasse den Unterkiefer mehrmals täglich entspannt – und so groß wie möglich in beide Richtungen kreisen. Achte dabei auf eine »runde« Bewegung. Massiere mit einem leichten Fingerdruck deine Kiefergelenke.
Der erste Halswirbel, auf dem der Kopf ruht, heißt Atlas. Der ist ringförmig und ermöglicht Nickbewegungen. Der zweite Wirbelkörper heißt Axis. Der hat einen Stachel, der in den ersten Wirbel hineinragt und Drehbewegungen ermöglicht. Du solltest Kopf und Atlas mit dem gesamten Nacken, ohne den Ausdruck von Widerwillen, spielerisch und mit Leichtigkeit sanft schwingen lassen.
Du kannst deine Schultern noch so häufig heben, senken und kreisen – wenn diese Bewegung dabei nicht ganzheitlich mit dem Atem aus der Körpermitte verbunden ist, wirst du keinen echten Fortschritt erzielen. Zwar ist das Training und die Kräftigung der Muskulatur von äußerster Wichtigkeit, doch muss der Schulter- und Nackenbereich mit Energie und Atem aus der Körpermitte gesteuert und genährt werden.
Nur die Wärme und die Kraft aus dem Unterbauch ermöglicht ein freies Schwingen des Nackens und der Schultern. Es ist wichtig, dass du dich vor jeder Übung in eine gelösten körperlichen und geistigen Zustand bringst.
Im Yoga wurzeln Ruhe, Gelassenheit und Vorstellungskraft. Aus dem Yoga entspringen: Konzentration, Achtsamkeit, Wahrnehmung und Gleichgewicht, sowie die Grenzerfahrung der Dehnbarkeit.
Pranayama vermittelt ein zentriertes Gefühl und bildet die Basis jeglicher Energiearbeit.
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