Die Blütenblätter des Yoga – oder der Achtgliedrige Yoga-Pfad des Patañjali

1 Jan 2020

Yama, ethische und soziale Verhaltensegeln: niemandem Schaden zufügen, bedeutet Gewaltlosigkeit, ist Nicht-Verletzen; Wahrhaftigkeit; Nicht-Stehlen; eigene Wünsche und Begierden in Zaum halten; frei von Neid und frei vom Festhalten an Vergänglichem, Nicht-Anhaften, Loslassen.

Aber: Nicht-Verletzen ist die höchste Pflicht, Gewaltlosigkeit in Rede, Gedanken und Tat, niemandem, keiner Kreatur Schmerzen verursachen, niemals und auf keine Weise. Wahrhaftigkeit, nur wenn etwas wahr, hilfreich, freundlich und notwendig ist, dann sag es. Sage keine Unwahrheiten, aber auch keine Wahrheit, die andere verletzt.

Niyama, 5 Aspekte der Selbstreinigung: Reinlichkeit; Zufriedenheit; Eifer in Studium und Praxis; persönliches Eintauchen in die Tiefgründigkeit der Yogaschriften und Hingabe an den göttlichen Ursprung.

Asana ist eine feste ruhige Sitzhaltung, in der man nicht abgelenkt ist. Körper, Geist und Seele sind an dieser Haltung beteiligt. Asana-Praxis beginnt mit dem körperlichen Handeln.

Prāṇāyāma, den Atem ausweiten, um die Lebensenergie zu kontrollieren. Einatmung und Ausatmung behutsam verlängern und verfeinern. In den Atempausen, vor allem nach der Ausatmung, ist innere Ruhe erfahrbar. Ist der Atem in die Asana-Praxis integriert, wird der Geist ruhig und die Konzentration erhöht.

Werden diese vier Aspekte praktiziert, ist das Ergebnis Pratyahara. Pratyahara ist ein beruhigen der Sinne und ein beruhigen des umherschweifenden Geistes. Pratyahara bereitet wiederum auf die drei letzten Aspekte vor.

Dhāraṇā: Sinne werden nicht mehr abgelenkt. Konzentration, die frei von Körperspannung ist.

Daraus entwickelt sich Dhyāna, die Meditation. Zu einem entspannten Zustand des Körpers kommt emotionale Ruhe, während der Geist vollständig wach und bewusst bleibt.

Der letzte höchste Aspekt dieses Wegs ist Samādhi: »Die Ströme von Intellekt und Bewusstsein fließen zusammen und verschmelzen im Ozean der Seele«. Die Rückkehr zum Ursprung des Seins. Die höchste Stufe wird erreicht, wenn die fünf Sinne der Wahrnehmung, die Gedanken und der Geist ruhig sind. Die Sinne auf diese Weise zu beherrschen und frei von Ablenkungen zu sein, ist Yoga.

Abhyāsa und Vairāgya sind, nach Patañjali, die beiden Hauptpfeiler des Yoga-Wegs. abhyāsa bedeutet lernen durch disziplinierte, hingebungsvolle Praxis. vairāgya bedeutet, alles zu meiden, was vom Weg des Lernens ablenkt; Nicht-Anhaften; Loslassen. Das zentrale Konzept ist: die Bewegungen des Bewusstseins zur Ruhe kommen lassen. »yogas citta–vrtti–nirodhah« [allmählich ruhig und frei von Ablenkungen werden]

Grundlage bilden: Achtsamkeit, Präzision, Feinabstimmung und ökonomisches Üben.

Wichtigstes Prinzip ist: das achtsame, von Bewusstheit, Gewahrsein und Sensibilität geprägte Üben.

Yoga ist mehr als nur körperliche Gelenkigkeit. Yoga kann von jedem demütig und ohne Erwartungen geübt werden, denn die höchste spirituelle Erfahrung bleibt ein Geschenk. Das wahre Tor der Befreiung liegt in der Absichtslosigkeit. Die höchste Form der Askese ist Geduld. Aber Vorsicht: wenn wir uns im Streben nach Stärke überlegen vorkommen oder meinen, über anderen zu stehen, dann können wir sicher sein, dass gerade etwas schief läuft. Es sind Hingabe und Demut, die uns zur Bescheidenheit zurückbringen.