Samskaras – Gewohnheiten verändern
Gewohnheiten verändern, die ich ändern kann, erfordert Mut und Kraft. Für alles, was ich ändere, übernehme ich die Verantwortung, arbeite zielstrebig und kreativ darauf hin zu, muss dann aber auch bereit dazu sein, wieder loszulassen, zulassen, annehmen und Gott vertrauen, so befreit von Hindernissen, dann kann Gutes entstehen. Tun und Sein, als Parallele zu Abhyasa (fortdauernder und entschlossener Übung) und Vairagya (loslassen, frei sein von Begierden), die zusammengehören. Nur wenn sich beide die Waage halten ist es möglich, die inneren Bewegungen zur Ruhe zu bringen. Es ist die Balance zwischen Tun und Sein, der Ausgleich zwischen dem Annehmen seiner selbst und der Entschlossenheit, das an sich zu ändern, was geändert werden muss.
Eingefahrene Verhaltensmuster sind meist tief im Unterbewusstsein eingelagert. Es liegt in unserem eigenen Interesse, positives Handeln zu betonen und eingefahrene Gewohnheiten immer mehr zu befreien. Mit Hilfe von Yoga können wir Samskaras erkennen, ausfindig machen, und beginnen, uns davon zu befreien oder in einer Form von Konditionierung in gute Gewohnheiten umzuwandeln. Ziel ist nicht einfach, nur schlechte Samskaras zu beseitigen, sondern auch gutes Handeln zu kultivieren, um gute Samskaras aufzubauen. Mit Hilfe von Yoga können wir Strukturen, feste Muster und alte Gewohnheiten wahrnehmen, erkennen, uns damit auseinander setzen, durchschauen, transformieren und wenn nötig auflösen. In der Psychologie wird dieser Vorgang als Verlernen bezeichnet. Verlernen ist ein Prozess, der wieder neu gelernt werden muss. Das was wir am meisten verlernen sollten, ist: das Vermeidungsverhalten. Nur wer seine Grenzen erkennt, kann diese erweitern und überwinden.
Freiheit existiert in unserem Körper, im Geist und in der Seele. Der Yoga-Weg ist ein Weg in die innere Freiheit. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir lernen, uns von unseren Gewohnheiten zu lösen. Wir müssen gutes Handeln kultivieren, um gute Samskaras aufzubauen, die negativen in positive umwandeln, um uns dann ganz davon zu lösen. Langes, einfühlsames, ununterbrochenes Üben von Asana und Pranayama schaffen ein festes Fundament und führen zum Erfolg. Geduld und diszipliniertes Üben entwickeln Willenskraft. Willenskraft ist die Bereitschaft etwas zu tun. Mit Willenskraft und Hingabe schaffen wir einen kontinuierlichen Fortschritt im Bemühen unsere Fähigkeiten weiter zu entwickeln. Im Yoga beschreiten wir einen Weg und das bedeutet, wir sind in Bewegung. Es ist ein Fehler, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen und sich die Erfahrungen der Vergangenheit wie einen Stempel ins Bewusstsein einzuprägen, auch mechanisches Üben ist nur ein stetes Wiederholen, das den Geist abstumpft.
Gunas, die Grundqualitäten der Natur, sind drei gegensätzliche Kräfte, deren Ausgleich aber der Schlüssel für ein Leben in Balance ist:
- Tamas (Masse oder Trägheit)
- Rajas (Energie, Tatkraft, Dynamik)
- Sattva (Leuchtkraft, Lichtheit)
Das bedeutet, dass wir uns am Anfang im Üben mehr anstrengen müssen, weil Tamas, der Widerstand, die Trägheit im Körper größer ist. Wirkt sich Rajas als Begriffsstutzigkeit im Gehirn aus, ist auch das eine Belastung für Gehirn und Nervensystem. Wir müssen lernen, die Kräfte der Gunas zu beobachten und identifizieren, damit sie im richtigen Verhältnis ausbalanciert sind und die Schönheit von Sattva zum Vorschein kommt. Diese Fähigkeit versetzt uns in die Lage, Schmerzen zu vermeiden und Krankheiten zu heilen. Schmerz ist ein Bestandteil der Asana-Praxis. Schmerz ist der Lehrer. Die spirituelle Haltung ist, dass wir uns beharrlich und ausdauernd Schmerzen annehmen und uns hindurchbewegen, ohne ihnen zu erliegen oder vor ihnen davonzulaufen, um das Gute darin zu sehen. Mit Asana und Pranayama nutzen wir Techniken, unvermeidliche Schmerzen und Qualen zu ertragen und zu überwinden. Asanas helfen uns, höhere Toleranzgrenzen zu entwickeln, um Stress und Druck leichter auszuhalten. Um in einem Asana über längere Zeit zu verweilen, brauchen wir Ausdauer und Durchhaltevermögen. Um es zu meistern, brauchen wir Geduld und Disziplin. Damit unerträglicher Schmerz gelindert oder sogar beseitigt werden kann, muss Spannung und Entspannung in einer Haltung im richtigen Maß eingesetzt werden.
Innere Achtsamkeit, Verfeinerung der Wahrnehmung; sich selbst kennen, achten und verstehen lernen, eigene Achtsamkeit mit ins Üben bringen, Grenzerweiterung durch Dehnen und Entspannen; Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit in Umgang mit sich selbst.
Satya (Wahrheit) soll in der Verpflichtung gegenüber anderen im Sinne von Ahimsa (Nichtverletzen) gemildert werden. (Ahimsa-Parama-Dharma) »Nichtverletzten ist die höchste Pflicht.« Nur wenn etwas wahr, hilfreich, freundlich und notwendig ist, soll es gesagt werden, d.h. keine Unwahrheiten, aber auch keine Wahrheiten, die andere verletzen. Ahimsa bedeutet, keiner Kreatur Schmerzen zu verursachen, niemals und auf keine Weise.
Noch bevor wir handeln, können mit bewusster Atmung Reaktionen verlangsamen und im Ausatmen unser Ego hingeben. Die Atempause, der Moment des Innehaltens, gibt uns Zeit und Raum für kognitive Betrachtung, korrigierende Reaktion und Neueinschätzung. Das wird zu einem Endlosprozess, der uns wieder in den gegenwärtigen Augenblick versetzt. Die Vergangenheit spielt keine Rolle und der Blick für die geistige Gegenwart wird geschärft. Erfahrungen aus der Vergangenheit können hier aber auch sehr nützlich sein. Wenn ich das Gefühl habe etwas Falsches zu tun, kann ich aus meinem Erfahrungsschatz schöpfen, um weiter zu kommen, aber keinesfalls um an Vergangenem hängen zu bleiben. So arbeiten Gewahrsein, Unterscheidungs- und Erinnerungsvermögen zusammen und das kreative Denken führt zu Wissen und Selbsterkenntnis. Wenn sich Gewahrsein mit der Intelligenz verbunden hat, können wir in absoluter Ehrlichkeit sehen und erkennen. Erinnerung ist sinnlos, wenn wir dadurch ständig Vergangenes wiederholen. Erinnerung ist nützlich und notwendig, um auf Zukünftiges vorzubereiten und uns weiter zu entwickeln.
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