Yogablog

Kein Guru Keine Methode Kein Lehrer

1 Jan 2025

Kein Ziel, keine Sicherheit, kein Gott, kein Ich, keine Idendität, kein Nationalismus, kein Heilsprogramm, kein Ideal, keine Herrschaft, keine institutionalisierte Religion.

Religionen, organisierter Glauben, Dogmen, Rituale sind für den indischen Philosophen Krishnamurti »absurder Unsinn«. All das spalte die Menschen, führe zu Kriegen, dem »ganzen Schrecken dieser Welt«.

»Wahrheit ist ein Land ohne vorgegebene Wege« – vielleicht der bedeutendste Philosoph des 20igsten Jahrhunderts und Weisheitslehrer Jiddu Krishnamurti (1895 - 1986) weigerte sich Zeit seines Lebens, den Erwartungen an einen typischen spirituellen Lehrer zu entsprechen. Er betont, nur vollständig frei könne es gelingen, friedlich und gewaltlos miteinander zu leben.

Im Jahre 1909, als 14-Jähriger, war Krishnamurti als »Weltlehrer« angekündigt worden, als Messias, der die Menschheit in einer neuen Religion eint. Die Theosophische Gesellschaft, ein um das Jahr 1900 mächtiger, finanzkräftiger Verein mit vielen einflussreichen Mitgliedern weltweit, hatte in Krishnamurti Geld und Hoffnung investiert.

Die spirituelle Gesellschaft hatte ihn aus seiner Familie im südindischen Adyar geholt, ihn in ihre Geheimlehren eingeweiht, ihn in Indien, England, Australien und in den USA ausgebildet und sogar extra für ihn einen Orden gegründet. Zudem hatten die Theosophen Krishnamurti als jungen Mann komfortabel reisen lassen, ihm große Autos zur Verfügung gestellt und ihn mit teurer Kleidung ausstaffiert. Bei seinen eindrucksvollen Auftritten standen sogar zwölf Apostel für ihn bereit.

Doch am 3. August 1929, während seiner feierlichen Inszenierung als »Weltlehrer«, lehnte Krishnamurti die Unterstützung plötzlich ab – freundlich, aber entschieden:

»Meiner Ansicht nach ist die Wahrheit ein pfadloses Land, die Sie auf keinem Weg erreichen können, weder über eine Religion noch über eine Sekte. Das ist meine Meinung, die ich absolut und bedingungslos vertrete. Die Wahrheit, die keine Grenzen und Bedingungen kennt und zu der kein Weg führt, lässt sich nicht organisieren.«

Ein Eklat. Krishnamurti weigerte sich, ein spirituelles System zu vertreten, eine religiöse Botschaft zu proklamieren. Das hält Anhänger bis heute nicht davon ab, aus seinen Reden und Schriften genau das zu machen.

Nur wenn sich der einzelne ändert, verändert sich die Gesellschaft

Der Meister selbst wollte kein Guru, kein spiritueller Meister sein. Trotzdem brachten Anhänger seiner Person eine Verehrung entgegen, die Krishnamurti in seinen Reden durch Provokationen und Warnungen immer wieder zu irritieren versuchte: »Hören Sie auf niemanden – vor allem nicht auf den Redner.«

Dennoch hielt er weltweit Reden und publizierte Bücher. Oft zog er sich lange zurück, gründete Schulen in England, den USA und Indien, traf sich mit Schriftstellern, Naturwissenschaftlern und Politikern. Krishnamurti zeigte sich entsetzt über Krieg, Gewalt und soziale Ungleichheit und machte jeden Einzelnen dafür verantwortlich.

Erst wenn jeder einzelne Mensch sich ändere, so Krishnamurti, ändere sich die Gesellschaft, die Wirtschaft, das globale Gewaltsystem.

Das Ich ist eine Illusion

Doch dieses »sich selbst kennen« kann auch zu der Erkenntnis führen, dass dieses Selbst, was es zu kennen gilt, nichts ist, was der Mensch finden kann, nichts, was er festhalten oder womit er glücklich werden kann. Das zu sich selbst gefundene Selbst, das Ich, die Ich-Identität nannte Krishnamurti eine Falle, eine Illusion.

Insofern ist seine Lehre bis heute für viele Menschen psychologisch schwer zu ertragen. Weil alles das, was sich der Mensch an Wissen, an Erinnerung, an Überzeugungen, an innerer Haltung, an Gefühlen und Erlebnissen angeeignet hat, ihn – laut Krishnamurti – daran hindert, sich zu öffnen für die Stille des Augenblicks, für das Hier und Jetzt, für das, was letztlich nicht in Worte zu fassen ist.

Konditionierungen machen unfrei, produzieren Leid, Unruhe, Unglück und machen den Menschen zu einem Getriebenen, so die Lehre Krishnamurtis. Das Denken, Wollen, Reflektieren, Wünschen ändere nichts. Es halte uns in Unfreiheit und bleibe den Konditionierungen verhaftet.

Sich dem Unbekannten öffnen

Doch was etwas ändert, das konnte Krishnamurti nicht formulieren, weil er dann wieder neue Konditionierungen erzeugt hätte, neue Unfreiheit, neue Unzufriedenheit, neues Leiden. Was also tun? Krishnamurtis Rat: Sich der Konditionierung bewusst werden.

Diese Radikalität korrespondiert mit keinem Rettungsweg, mit keiner Therapie, mit keiner Handlungsoption. Der Einzelne bleibt auf sich allein gestellt. Und die Befreiung liegt jenseits aller Begriffe und Worte. Sie ist erlebbar in Glücksmomenten der Stille, im zeit- und ich-losen Zustand des Beobachtens ohne Beobachter, im Erleben des Augenblicks ohne den, der es erlebt – ohne den Denker.

»Man fragt sich nun, ob es möglich ist, auf dieses Eine zu treffen, ohne es einzuladen, ohne es zu erwarten, ohne es zu suchen, ohne danach zu forschen – es von ungefähr zu erleben wie einen erfrischenden Windhauch, der hereinströmt, wenn Sie das Fenster offenlassen. Sie können den Wind nicht einladen, aber Sie müssen das Fenster offenlassen.«

Religionen sind unhinterfragte Konditionierungen

Es sind letztlich jene beglückenden mystische Einheitserlebnisse, in der das Ich und sein Denken nicht wahrgenommen und die Zeit still steht. Jener »andere« Zustand großer innerer Ruhe und Gelassenheit, den Mystiker immer wieder beschreiben.

»Unsere Religionen, die organisierten Glauben, Dogmen, Rituale, dieser ganze absurde Unsinn, all das spaltet die Menschen. Kriege, Kriegsvorbereitungen, Atombomben, Sie kennen den ganzen Schrecken dieser Welt.«

Auch religiöse Systeme bleiben für Krishamurti etwas Äußerliches, etwas, mit dem sich der Mensch identifiziert, wie Eigentum, Status, Traditionen, Nationalstolz, unhinterfragte Wertvorstellungen und andere Muster und »Konditionierungen«.

Das eigene Los loslassen

Erst wenn es den Menschen gelingt, das zur Disposition zu stellen und andere – »spirituelle« – Erfahrungen zu machen, ändere sich das Verhalten und mit dem Verhalten die Welt.

»Das Denken ist immer fragmentarisch, und was es festhält, ist immer unvollständig. Die Stille des Gehirns, bei äußerster Sensibilität, ist wesentlich.«

Krishnamurtis Bücher werden in hohen Auflagen weltweit publiziert, seine gefilmten Reden sind im Internet zu sehen. Auch nach seinem Tod blieb er bekannt als Guru, der keiner sein wollte mit einer Lehre, die nichts vorschreiben will. Seine Kritik an jeder Autorität und jeder Herrschaft, vor allem an Religionen und ihren vermeintlichen Wahrheiten, ist an Radikalität kaum zu überbieten.

Verändern kann sich nur dann etwas, wenn sich der Einzelne von seinen Verhaltens- und Denkmustern verabschiedet und nichts und niemandem glaubt – schon gar nicht an Krishnamurti selbst.

Prana, Bewusstsein, kosmische Intelligenz

1 Dez 2024

Eitle Selbstbespiegelung, sich überlegen fühlen, dann können wir sicher sein, dass gerade etwas schief läuft. Machen wir, was wir nicht können, immer ein bisschen mehr tun, als wir meinen tun zu können. Vergleiche dich nie mit anderen. Lerne deine eigenen Fähigkeiten kennen und verbessere diese stetig. Ein Asana muss aufrichtig sein und mit der richtigen Absicht ausgeführt werden. Heitere Gelassenheit im Körper ist das Zeichen für spirituelle Ruhe und Gelassenheit.

Universum, kosmische Intelligenz und Lebensenergie ist überall, unendlich, grenzenlos und umsonst. Prana [prāṇa] ist Energie und Lebenskraft. Pranayama [prāṇāyāma] ist verlängern und beherrschen des Atems. Das bedeutet, dass Pranayama die Ausweitung und Erweiterung unserer gesamten Lebensenergie ist.

Prana-Energie ist die Trägerin des Gewahrseins. Mahat ist die kosmische, die universelle Intelligenz. Sie ist grenzenlos und alldurchdringend. Prana ist unser Verbindungsglied zu dieser unendlichen, grenzenlosen Intelligenz. Prana und Bewusstsein gehen direkt aus der kosmischen Intelligenz hervor. Uns steht der direkte Kanal zu kosmischem Bewusstsein und kosmischer Intelligenz offen.

Angst gibt es nur in der Zukunft. In der Gegenwart gibt es keine Angst. Wenn sich das Gehirn entspannt und entleert, verweilt es in der Gegenwart – es gibt keine Angst und kein Verlangen. Wer gierig ist hat nie genug, ist nie zufrieden. Bedürfnisse minimieren, heißt Anhaftungen minimieren, um Zufriedenheit maximieren zu können.

Ziel des Atem-Anhaltens [kumbhaka] ist den Atem zu bezähmen. Während des Atem-Anhaltens sind Rede, Wahrnehmung und Gehör unter Kontrolle – und das Bewusstsein ist frei von Leidenschaft, Hass, Gier, Begierde, Stolz und Neid. Chitta, das Bewusstsein, ist während des Atem-Anhaltens von Verlangen befreit.

Der yogische Sinn und Zweck von Pratyahara ist, den Geist verstummen lassen, damit wir uns konzentrieren können. Das ist ein lange Lehrzeit im Nicht-Anhaften, die viel Geduld erfordert. Der Atem spielt eine entscheidende Rolle.

Wir brauchen Unterscheidungskraft, Vernunft und Einsicht, die durch Übung, Wiederholung und Nicht-Anhaftung entwickelt werden. Der individuelle Geist führt zum Denken. Das Unterscheidungsvermögen führt zu Intelligenz und letztendlich zu Weisheit. Unsere individuelle Intelligenz ist ein ganz winziger Ableger der kosmischen Intelligenz [mahat]. Während unsere normale Intelligenz »Instinkt« genannt werden kann, nennen wir die höhere Intelligenz »Einsicht oder Intuition«. Meditation krönt diesen Prozess, wenn die Dualität dem Einssein weicht. Man kann auf Meditation vorbereiten, sie letztendlich aber nicht lehren, es geschieht, wenn es geschieht. Du kannst den fiebrigen Geist des Menschen nicht zwingen, ruhig und still zu sein. Du kannst ihn nur dahingehend schulen, dass er auf alles achtet, was sein Gleichgewicht stört. Deshalb verwendet Yoga so viel Zeit und Mühe auf das Ausfindigmachen des Negativen, des Unerwünschten und des Subversiven, weil diese Dinge das stille Gleichgewicht des Geistes stören.

Wir kurieren uns von unseren inhärenten Mängeln durch das anhaltende Praktizieren der acht Blütenblätter des Yoga. Es gibt keinen Ersatz für das Üben. Patanjali bietet jedoch Hilfsmittel an. Diese heilsamen, gesunden Qualitäten [vṛtti] beruhen auf einer Art verfeinertem gesunden Menschenverstand. Wenn wir einen heiter, gelassenen Bewusstseinszustand erreichen wollen, müssen wir willens und bereit sein, unser Verhalten und unsere Herangehensweise an die Außenwelt zu verändern. Selbstlos, freundlich, fröhlich anderen gegenüber, – Hindernisse verringern sich. Emotional knickrig und geistig vorschnell urteilen, lässt Hindernisse wachsen.

Wir sind mehr als unser Ego

1 Nov 2024

Die Wirklichkeit ist weder im Kontext der Zeit veränderbar, noch durch den Raum begrenzt. Die Wirklichkeit ist von beiden frei. Daraus folgt, dass unsere Reise zwar in Raum und Zeit stattfindet, dass aber, wenn wir an ihr Ende gelangen und der höchsten nicht physischen Wirklichkeit begegnen, dies nicht in Raum und Zeit sein wird, so wie wir sie kennen.

[purusha], die Seele oder auch kosmische Seele, ist das Wort für eine immer währende Wirklichkeit. In ihrer Einheit ist die Seele unveränderlich, ewig und konstant, kennt keinen Besitztum und kein Besitzdenken. Die Seele steht immer außerhalb des Lebens. Die Seele ist ein Seher, kein Spieler.

Das Ich in unserer natürlichen Gestalt ist weder aufgebläht, noch in sich zusammengesunken. Im perfekten Asana ist das Ich in seiner natürlichen Gestalt; – das Asana ist meditativ, in durchgängig aufrechterhaltener Konzentration und das Ich in perfekter Form und tadellos integriert.

Wir sind mehr als unser Ego.

Körper-Intelligenz existiert real. Intelligenz des Gehirns ist bloße Vorstellung. Beim Yoga-Üben muss der Körper und nicht das Gehirn sagen, was wir tun sollen. Das Gehirn weiß nicht alles. Selbst-bewusst, selbst-gewahr. Stille im Körper und Stille im Geist ergibt bewusstes Handeln.

Zukunft ist Phantasie, ist Planen, sich Sorgen. Vergangenheit ist Geschichte, ist Wiederkäuen, Grübeln, Bedauern. Nur die Gegenwart ist real.

Haltungen im Stehen lehren Stabilität. Stabilität erfordert Balance. Balance ist der Zustand der Gegenwart. Gleichgewichtshaltungen lehren uns, wie Gedanken uns aus dem Gleichgewicht bringen.

Realität, Wahrheit, Subjekt oder Objekt

4 Okt 2024

Unser Erleben der Realität ist immer subjektiv. Objektive Wahrnehmung ist nichts anderes als eine Phantasie des Verstandes, weil es keine Möglichkeit zu geben scheint, Wahrnehmung ohne Beteiligung des Subjekts stattfinden zu lassen.

Victor Sanchez

Keine Wahrnehmung ist gewisser als diese, dass die ganze Welt nur Objekt in Beziehung auf das Subjekt ist, mit einem Wort: Vorstellung ist.

Schopenhauer

Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass es keine Materie gibt, sonden nur Geist. Die Materie ist die Kruste des Geistes.

Hans-Dieter Dürr

Der Geist ist der Urgund der Materie.

Max Planck

Das Negative mit dem Negativen

8 Aug 2024

Ich weiß genau an was du jetzt denkst, wenn ich Dir sage: »Denk jetzt nicht an rosarote Elefanten ... «

Warum tun kleine Kinder genau das Gegenteil von dem, wenn ich sage: »Tue es nicht!« Weil sie mit Worten, wie: »nein« oder »nicht« nichts anfangen können.

Kleine Kinder verstehen das Negieren nicht. Sie verstehen (wenn sie verstehen) den Satz so, wie dieser gesagt wird, nur eben ohne das nein oder das nicht. Ergo bedeutet eine solche Ansage, so viel wie tue genau das, was ich sage, aber eben ohne das Nein oder das Nicht.

Im Fall der rosaroten Elefanten, sage ich wohl, tue es nicht, aber ich bringe jemanden ja erst auf die Idee etwas zu tun, von dem ich will, dass er/sie es nicht tut.

So sind z.B. negative Ansagen, z.B. im Yoga in Balancehaltungen, wie: »Sieh jetzt nicht zum Boden, sonst zieht es dich nach unten.« – Sehr effektiv!

Balancehaltungen lehren uns, wie uns Gedanken aus dem Gleichgewicht bringen. Ansagen sollten positiv formuliert sein, zu sagen, wie es geht, anstatt zu formulieren wie es nicht geht.

Will jemand was von mir wissen oder will ich etwas erklären, nimm dein Gegenüber an der Hand und erkläre oder zeige wie es geht; – und nicht wie es nicht geht.